Zerstreutheit oder Demenz? Symptome und Risikofaktoren

Zerstreutheit oder Demenz? Symptome und Risikofaktoren

Demenz-Symptome sind nicht immer so offensichtlich wie gedacht. Wir geben Ihnen einen Überblick über typische Anzeichen und aktuelle Risikofaktoren für eine Demenz.

Eine Frau hält die Hände ihres an Demenz erkrankten Vaters
GettyImages/LightFieldStudios

„Kind, hast du meine Brille gesehen?“ Den klassischen Satz kennen wir noch aus unserer Kindheit. Meistens trug die Oma die Sehhilfe auf dem Kopf oder hat sie kurz vorher auf den Nachttisch gelegt. Eine gewisse Vergesslichkeit im Alter ist völlig normal. Doch woran erkennen Sie als pflegende Angehörige eine beginnende Demenz und wie unterscheidet sie sich von der altersbedingten Zerstreutheit? Was sind ernst zu nehmende Symptome und was muss Ihnen keine Sorgen bereiten?

Wir geben Ihnen einen Überblick über die Demenz-Symptome. Außerdem stellen wir Ihnen Risikofaktoren für die Erkrankung vor, die ein Expertenteam in einer aktuellen Studie zusammengefasst hat.

Demenz-Symptome

Wo hört altersbedingte Zerstreutheit auf und wo fängt eine Demenzerkrankung an – wir haben Ihnen 7 Anzeichen aufgelistet, die Sie im Auge behalten sollten.

Mit Auswahl von „Download anfordern“ stimmen Sie zu, künftig regelmäßig Informationen rund um die Pflege von Angehörigen zu erhalten. Die erteilte Werbeeinwilligung erfolgt im Gegenzug für den Erhalt des Downloads und ist jederzeit widerruflich. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.

Vergessen – das tun wir alle irgendwann

Der Alterungsprozess bezieht auch das Gehirn mit ein. Mit zunehmendem Alter reduziert sich die Anzahl der Gehirnzellen. Gleichzeitig funktioniert die Kommunikation zwischen den Nervenzellen im Gehirn nicht mehr so gut. Die altersbedingten Veränderungen wirken sich vor allem auf das Vorderhirn aus, das in Zusammenhang mit den höheren Geistesfähigkeiten und der Wahrnehmung steht.

Es gibt verschiedene Ursachen für diese Veränderungen im Gehirn. So produziert der Körper im Alter beispielsweise weniger Azetylcholin. Spezialisierte Nervenzellen, die mit dem Denken, Erinnern und Lernen in Verbindung stehen, brauchen den Botenstoff allerdings für die Signalübertragung.

Kennen Sie schon unsere kostenlosen Online-Pflegekurse?
ap--demenz-kurs
Module: 5
Dauer: 150 Minuten
Demenz: Alltagsgestaltung und Begleitung
Unser Online-Pflegekurs zeigt Ihnen, wie es gelingen kann, angesichts einer Demenzerkrankung selbstbestimmt zu bleiben und den richtigen Umgang mit Demenz zu finden.

Gleichzeitig nimmt, während die Lebensjahre zunehmen, auch die Isolierschicht der Nervenzellen ab, das sogenannte Myelin. Da Myelin eine rasche Kommunikation zwischen den Nervenzellen ermöglicht, reagieren Menschen mit einem höheren Lebensalter verzögert. Eine verringerte Gehirnleistung und das Thema „Vergessen“ betreffen uns also irgendwann alle.

Die gute Nachricht: Entgegen der lang läufigen Vermutung bilden sich im Gehirn, selbst im hohen Alter, ständig neue Nervenzellen – das zeigte eine Studie. Außerdem kann das Gehirn neue Verbindungen zwischen den verbliebenen Nervenzellen knüpfen, um dem Verlust der Nervenzellen entgegenzuwirken. Die bewusste Gesunderhaltung des Gehirns kann also viel bewirken.

Tipps für ein gesundes Gehirn

Ein gesundes Gehirn ist die Grundlage für ein erfülltes Leben, doch mit steigendem Alter lässt die Leistung unseres Gehirns sukzessive nach. Regelmäßige Bewegung ebenso wie gezieltes Gedächtnistraining und Stressmanagement können diesem Prozess aber entgegenwirken.

Den Welttag des Gehirns am 22. Juli haben wir zum Anlass genommen, Ihnen einen Überblick zu geben, was Pflegebedürftige und Angehörige gemeinsam tun können, um das Gehirn möglichst lange gesund zu halten. Denn je länger die „Schaltzentrale“ unseres Körpers leistungsstark und flexibel arbeitet, desto höher ist letztendlich auch die Lebensqualität.

Hier geht es zum Artikel

7 Demenz-Anzeichen: Wann sollte ich als Angehöriger stutzig werden?

Demenz-Symptome gehen über die alterstypischen Einbußen der Gehirnfunktionen hinaus. Hier liegt eine krankheitsbedingte Leistungsbeeinträchtigung der höheren Gehirnfunktionen vor. Daher unterscheiden sich die Demenz-Symptome auch von der normalen Zerstreutheit im Alter. Lassen Sie uns gemeinsam entdecken, was bei Ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied auf die Erkrankung hindeuten kann.

Symptom 1: Gedächtnisverlust

Kürzlich mitgeteilte Informationen oder Erlerntes sind bei Ihrem Familienmitglied wie weggeblasen? Außerdem erinnert sich der Pflegebedürftige nicht an freudige Ereignisse oder feste Termine? Das könnte auf eine Demenz hinweisen. Typisch für eine Demenz sind auch sich ständig wiederholende Fragen wie: „Was hast du am Wochenende gemacht?“ Hellhörig sollten Sie außerdem werden, wenn sich Ihre Angehörige oder Ihr Angehöriger häufig Erinnerungsnotizen oder elektronische Erinnerungen einstellt.

Aber: Einen Arzttermin verpassen oder Namen vorübergehend nicht parat haben, das passiert selbst in jungen Lebensjahren.

Symptom 2: Planungsschwierigkeiten/Probleme mit gewohnten Aufgaben

Im Alltag gilt es oft, komplexe Herausforderungen zu bewältigen. Genau damit haben Menschen mit einer Demenz Schwierigkeiten. Das kann sich beim Umgang mit Zahlen, zum Beispiel bei der Kontoführung, zeigen. Vielleicht fällt es Ihrem Angehörigen auch schwer, einen Ausflug zu planen und umzusetzen. Selbst gewohnte Tätigkeiten wie das Kochen nach Rezept oder das Spielen eines Brettspiels können eine unüberwindbare Hürde darstellen.

Aber: Wenn Ihr Familienmitglied gelegentlich einen Überweisungsträger falsch ausfüllt oder Hilfe bei der Programmierung der Fernsehprogramme braucht, ist das kein Grund zur Sorge.

Symptom 3: Sehprobleme

Eine Demenz kann Schwierigkeiten mit dem Sehen verursachen. Vielleicht gibt Ihr Angehöriger an, Probleme mit dem Lesen oder dem Einschätzen von Entfernungen zu haben. Eine Demenz kann zudem dazu führen, dass sich Ihr Angehöriger im Spiegel nicht mehr selbst erkennt und der Meinung ist, dass sich eine andere Person im Raum aufhält – in dem Fall ist die Wahrnehmung getrübt.

Aber: Im Alter tritt in der Regel eine Alterssichtigkeit auf, die zu einer verschwommenen Sicht führt. Eine Brille kann Sehbeschwerden bei Ihrem Angehörigen unter Umständen ausgleichen.

Symptom 4: Verwirrtheit

Menschen mit einer Demenz zeigen sich zunehmend verwirrt. Womöglich gelingt es Ihrem Familienmitglied nicht, sich in den Jahreszeiten zurechtzufinden oder aktuell geschehene Dinge nachzuvollziehen. „Wo bin ich, wie spät ist es?“ Diese Fragen richtet Ihr Angehöriger häufig an Sie, wenn er Probleme mit der örtlichen oder zeitlichen Orientierung hat.

Aber: Eine vorübergehende Verwechslung der Wochentage ist nicht ungewöhnlich.

Symptom 5: Kommunikationsprobleme

Fällt Ihnen vermehrt auf, dass Ihr Angehöriger Probleme damit hat, zu kommunizieren, kann das auf eine Demenz hinweisen. Menschen mit der Erkrankung stoppen beispielsweise mitten in der Unterhaltung, weil ihnen die Wörter nicht mehr einfallen. Auch ständige Wiederholungen oder eine falsche Bezeichnung von Gegenständen sind möglich.

Aber: Im Alltag kann es passieren, dass ältere Menschen ab und zu Probleme damit haben, das richtige Wort zu finden.

Symptom 6: Verlust von Gegenständen

Bei einer Demenz verlegen Betroffene häufig Gegenstände wie Fernbedienungen, Brillen oder Ohrringe. Das Besondere dabei: Das Verlorengeglaubte befindet sich meist an ungewöhnlichen Orten – die Brille liegt beispielsweise im Kühlschrank. Leidet Ihr Angehöriger an Demenz, ist er nicht in der Lage, sich die vorausgegangenen Schritte ins Gedächtnis zu rufen: Wofür habe ich die Lesebrille zuletzt benötigt, in welchem Raum habe ich die Zeitung gelesen? Womöglich bezichtigt Ihr Familienmitglied auch andere, zum Beispiel die Haushälterin, des Diebstahls.

Aber: Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung, wenn Ihr Angehöriger ab und zu Dinge verlegt, sie aber selbstständig wiederfindet.

Symptom 7: Rückzug und Stimmungsschwankungen

Erkrankte ziehen sich häufig aus lieb gewonnenen Hobbys zurück – dabei sind soziale Kontakte bei Demenz besonders wichtig. Den Rückzug treten Patienten beispielsweise an, weil sie die Handlungsabläufe beim Stricken oder bei anderen Aktivitäten vergessen. Ein Problem können auch die Stimmungsschwankungen sein. Vielleicht ist Ihr Angehöriger in letzter Zeit ungewöhnlich oft misstrauisch, ängstlich, unruhig oder verwirrt? Zeigt Ihr Familienmitglied insbesondere außerhalb der gewohnten Umgebung starke Stimmungsschwankungen und fährt regelrecht aus der Haut, kann das auf eine Demenz hindeuten – achten Sie in dem Zusammenhang auch auf andere Anzeichen.

Aber: Dass Ihr Angehöriger gereizt ist, wenn er in seiner Routine unterbrochen wird, ist normal. Auch ein vorübergehender Rückzug, beispielsweise nach dem Erhalt einer neuen Diagnose, ist nicht untypisch.

Gut zu wissen

Selbst wenn Sie ein mögliches Symptom oder sogar mehrere Anzeichen bei Ihrem Angehörigen wiedererkennen, bedeutet das nicht automatisch, dass eine Demenz vorliegt. Kognitive Beeinträchtigungen können beispielsweise auch durch eine Schilddrüsenunterfunktion entstehen. Außerdem weisen die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland darauf hin, dass die Folgen eines Traumas fälschlicherweise mit Demenz-Symptomen verwechselt werden können. Zur eingehenden Abklärung wenden Sie sich am besten an einen Neurologen oder Geriater.

Welche Risikofaktoren gibt es für eine Demenz?

Experten beschäftigen sich schon seit vielen Jahren damit, was eine Demenz auslöst und kommen nicht immer zu gleichen Ergebnissen. Eine aktuelle Studie etwa hat 28 Faktoren überprüft, die in Zusammenhang mit der Erkrankung stehen sollen. Viele der bereits vermuteten Variablen konnten die Forscher bestätigen, andere widerlegten sie jedoch. So fanden sie beispielsweise keine Verbindung zwischen Demenz und einem hohen Gewicht oder Bewegungsmangel. Auch das weibliche Geschlecht spielt laut ihnen keine übergeordnete Rolle bei der Erkrankung. Als Ergebnis der Studie entstand der UK Biobank Dementia Risk Score, eine Risikomatrix zur Bestimmung des individuellen Demenzrisikos.

Allgemein wird aber davon ausgegangen, dass die folgenden 14 Faktoren das Demenzrisiko erhöhen:

  • Rauchen
  • Körperliche Inaktivität
  • Alkoholkonsum
  • Übergewicht
  • Luftverschmutzung
  • Diabetes
  • Cholesterin
  • Bluthochdruck
  • Depressionen
  • Sehverlust
  • Schwerhörigkeit
  • Soziale Isolation
  • Geringe Bildung
  • Hirnverletzungen
Unser Tipp: Berechnen Sie Ihr individuelles Demenz-Risiko

Angelehnt an die Risikofaktoren gibt es auch ein Prognose-Tool, mit dem Sie Ihr individuelles Demenzrisiko berechnen können. Es gibt Ihnen Auskunft darüber, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Sie in den nächsten 14 Jahren an Demenz erkranken.

Rufen Sie dafür das Open-Source-Online-Verzeichnis des UK Biobank Dementia Risk Score auf und klicken Sie auf „View raw“. Öffnen Sie die bereitgestellte Excel-Datei, klicken Sie ggf. auf „Kopie bearbeiten“ und geben Sie Ihre Daten an.

Wenn Sie nicht wissen, ob Sie Träger von ApoE4, einem genetischen Risikofaktor sind, klicken Sie einfach „unknown“ an.

Achtung: Derzeit klappt die Berechnung nur, wenn Sie zwischen 50 und 73 Jahre alt sind.

Hat Ihnen der Beitrag weitergeholfen?
Warum ist dieser Artikel nicht hilfreich?(erforderlich)
Je konkreter Ihre Kritik, desto besser können wir unsere Inhalte für Sie aufbereiten.