Ursachen der Verstopfung: Warum Essen und Trinken nur die halbe Wahrheit sind

Ursachen der Verstopfung: Warum Essen und Trinken nur die halbe Wahrheit sind

Von einem seltenen Leiden lässt sich hier wirklich nicht sprechen: Ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland weist zeitweise eine Verstopfung auf, ein Viertel der über 60-Jährigen ist chronisch betroffen. Als Ursachen werden schnell Flüssigkeitsmangel oder zu wenige Ballaststoffe in der Ernährung vermutet. Das ist aber nur die halbe Wahrheit – inzwischen sind Zusammenhänge mit einer ganzen Reihe von Krankheiten bekannt.

Beitragsbild zum Thema Verstopfung: Eine Klorolle mit einem traurigen Gesicht auf einem geschlossenen Toilettendeckel.
GettyImages/Natallia Ramanouskaya

Eines vorweg: Eine Verstopfung selbst gilt nicht als Krankheit, sondern vielmehr als ein Symptom dafür, dass mit dem Verdauungsprozess insgesamt etwas nicht stimmt. Die Verstopfung (oder Obstipation, wie es von medizinischer Seite heißt) ist mit dem bestimmten, subjektiven Gefühl verbunden, dass der Stuhl nicht ausreichend oder nicht häufig genug ausgeschieden wird.

Mögliche Ursachen gibt es viele

Aber wie häufig ist jetzt ausreichend häufig? Früher war oft zu lesen, dass man jeden Tag einmal „müssen“ sollte. Doch viele Expertinnen plädieren mittlerweile dafür, eine Verstopfung grundsätzlich als „weniger als drei Stuhlgänge pro Woche“ zu definieren. Daneben gibt es weitere unangenehme Formen, sich mit dem Stuhlgang abzumühen: Der Stuhl ist (zu) hart, die Entleerung fühlt sich unvollständig an oder ist mit Schmerzen verbunden. Eine chronische Verstopfung liegt jedenfalls vor, wenn ein Betroffener schon länger als drei Monate mit diesen Problemen kämpft.

Rom-3-Kriterien

Experten der Gastroenterologie haben sich im Sinne einer konkreten Definition auf Kriterien für eine Verstopfung (die sogenannten „Rom-3-Kriterien“) festgelegt. Danach liegt eine Obstipation vor, wenn mindestens zwei dieser sechs Kriterien erfüllt sind:

  • Pressen zur Stuhlentleerung
  • Harter Stuhlgang
  • Gefühl der unvollständigen Entleerung
  • Gefühl der anorektalen (also Anus und Rektum betreffenden) Blockade
  • Manuelle Unterstützung der Stuhlentleerung
  • <3 Stuhlentleerungen pro Woche

Die direkte Ursache lässt sich oft nicht klären. Zu den bekanntesten Risikofaktoren zählen zu geringe Flüssigkeitszufuhr, ballaststoffarme Ernährung oder Bewegungsmangel – und das zu Recht: Der Stuhl verfestigt sich mehr und mehr, wenn nicht genügend getrunken wird oder Linsen gegessen werden, und Bewegung regt die Darmtätigkeit an. Aber die Forschung geht inzwischen davon aus, dass diese Faktoren allein nicht ausreichen, um eine Verstopfung direkt auszulösen. Vielmehr können sie eine bereits bestehende Verstopfung begünstigen oder verstärken. Aber was sind dann die wahren Ursachen?

Ursachen können anlassbezogen sein

  • Stress kann kurzfristig die Darmtätigkeit verringern, was sich beispielsweise auf Reisen unangenehm bemerkbar machen kann.
  • Gewohnheiten können unerwünschte Folgen haben: Wenn der Stuhl etwa zurückgehalten wird, weil es gerade einfach nicht passt, bleibt er weiter im Darm, wo ihm kontinuierlich Wasser entzogen wird. Der Stuhl wird dadurch quasi immer fester.
  • Abführmittel: Vorsicht – bei längerer Verwendung können ausgerechnet diese Mittel selbst eine Verstopfung auslösen.

Mittlerweile ist außerdem bekannt, dass eine ganze Reihe von Krankheiten mit einem erhöhten Risiko für Verstopfung einhergehen und damit als Ursachen in Frage kommen.

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Diverse Krankheiten kommen als Ursachen in Frage

Krebs als mögliche Ursache einer Verstopfung: Darstellung einer stilisierten Krebs-Schleife.

Krebserkrankungen selbst aber auch die dagegen eingesetzten Medikamente etwa im Rahmen einer Chemotherapie, Wirkstoffe wie Opioide zur Schmerzbekämpfung oder auch Mittel gegen die Übelkeit (sogenannte Antiemetika) führen häufig zu Verstopfung – bis zu 80 Prozent der Patienten leiden darunter.

Achtung: In diesem Fall das Problem bitte unbedingt mit der betreuenden Ärztin besprechen, denn die bei Verstopfung oft und gern eingesetzten Hausmittel (wie beispielweise Produkte mit Ballaststoffen,) können zwar bei dem einen Krebspatienten durchaus hilfreich, bei der nächsten Patientin aber vielleicht sogar schädlich sein.

Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse wiederum sind bestimmte Hormone in geringerer Menge vorhanden, was die Stoffwechsel der betroffenen Person insgesamt verlangsamt. Neben Müdigkeit und Antriebsschwäche zählt daher auch die Verstopfung zu einem wichtigen Symptom.

Mögliche Ursache einer Verstopfung: Stilisierte Darstellung der Schilddrüse.

Auch neurologische Erkrankungen können Ursachen sein

Mögliche Ursache einer Verstopfung: Stilisierte Darstellung eines Gehirns.

Ein weites Gebiet von Krankheiten mit erhöhter Gefahr von chronischer Verstopfung sind die neurologischen Krankheiten, also Störungen des Nervensystems inklusive des Gehirns.

Besonders betroffen sind Parkinsonpatienten, von denen 40 bis 80 Prozent (je nach Stadium der Krankheit) damit zu kämpfen haben; auch rund jeder zweite an Demenz Erkrankte im fortgeschrittenen Stadium ist betroffen.

Mögliche Ursache einer Verstopfung: Stilisierte Darstellung des Krankheitsbildes Morbus Parkinson.

Ungeklärt ist derzeit noch, ob die Schädigung im Gehirn direkt die Darmtätigkeit beeinflusst, oder es eher auf den Allgemeinzustand der Betroffenen zurückzuführen ist. Denn vielfach sind diese (gezwungenermaßen) körperlich inaktiv, haben ein schlechteres Durstgefühl oder missachten den Stuhldrang (dies betrifft übrigens auch Schlaganfallpatienten). Und auch hier können die eingesetzten Medikamente einen negativen Effekt auf die Darmtätigkeit ausüben. Im Rahmen der Parkinsonkrankheit ist zudem ein besonderer Nerv betroffen, der sogenannte Nervus vagus, der normalerweise die Darmbewegung (Peristaltik) fördert und auch eine Rolle in der Ausschüttung verdauungswichtiger Hormone und Enzyme spielt. Durch die Beeinträchtigung wird die Dauer der Darmpassage stark verlängert.

Übrigens: Laut neuesten Studienergebnissen könnte Parkinson überhaupt im Darm beginnen und sich über den Vagus Nerv ins Gehirn ausbreiten. Dies muss aber erst noch bestätigt werden.

Serotonin-Mangel unter den möglichen Ursachen

Mögliche Ursache einer Verstopfung: Stilisierte Darstellung des Krankheitsbildes Depression.

Für die Depression scheint die Wissenschaft mittlerweile einen Grund für die oft beobachtete Verstopfung erkannt zu haben: Die Betroffenen produzieren weniger Serotonin im Gehirn, und Serotonin ist auch ein wichtiger Botenstoff für die Nervenzellen im Darm.

Erste Tierversuche haben bereits gezeigt, dass durch Gabe eines sogenannten Vorläufer-Moleküls (das erst im Körper zu Serotonin umgewandelt wird) die Darmfunktion von Mäusen deutlich besser wurde; und anscheinend waren diese Tiere auch deutlich besser gelaunt. (Übrigens ohne genaue Angaben dazu, wie sich gut gelaunte Mäuse feststellen lassen.)

Auch eine Zuckerkrankheit (Diabetes) kann sich negativ auswirken. Denn der dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel schädigt die Nerven im ganzen Körper, auch solche, welche die inneren Organe wie eben den Darm steuern. Bei Diabetikern sind daher sowohl Durchfall als auch Verstopfung ein verbreitetes Problem.

Mögliche Ursache einer Verstopfung: Stilisierte Darstellung des Krankheitsbildes Diabetes.

Die Kurzzusammenfassung lautet daher: Verstopfung hat meist nicht nur eine oder eindeutige Ursachen, sondern viele verschiedene ursächliche Faktoren, darunter viele Krankheiten. Eine ärztliche Abklärung ist daher immer anzuraten!

Tipps, wie sich eine Verstopfung beheben oder auch vermeiden lässt, verraten wir Ihnen in unserem Serviceartikel „Verstopfung: Welche Hausmittel lösen das Problem?„.

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