Frauen erleiden häufiger Schlaganfälle als Männer, was vielfach damit erklärt wird, dass sie zum Zeitpunkt des Ereignisses im Durchschnitt älter sind und damit öfter bereits andere (Vor-) Erkrankungen aufweisen. Ob Frauen heutzutage nach einem Schlaganfall anders beziehungsweise schlechter behandelt werden als Männer, ist noch nicht abschließend geklärt. Studien, die dieser Frage nachgehen, laufen derzeit.
Was ist ein Schlaganfall?
Der Begriff „Schlaganfall“ bezieht sich auf die Gehirnfunktionen, die bei einem solchen Ereignis „schlagartig“ ausfallen. Der Schlaganfall ist ein Sammelbegriff für eine Schädigung von Hirnarealen, die nach dem Verschluss eines Blutgefäßes oder nach der Blutung aus einem Blutgefäß im Gehirn auftreten können. In beiden Fällen werden die „dahinter“ liegenden Gehirnbereiche nicht mehr ausreichend durchblutet und daher nicht mehr angemessen mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Die Unterversorgung löst Schädigungen dieser Gehirnbereiche aus, was wiederum dazu führt, dass bestimmte Körperfunktionen (wie Sprechen oder den Arm heben), die von den betroffenen Gehirnbereichen kontrolliert werden, nicht mehr in üblicher Weise möglich sind. Leider kann es danach auch zu bleibenden Einschränkungen beziehungsweise Behinderungen kommen, wie beispielweise Lähmungen oder Sprachstörungen.
Sind Frauen häufiger von Schlaganfällen betroffen?
Aktuell erleiden in Deutschland schätzungsweise 250.000 bis 300.000 Menschen pro Jahr einen Schlaganfall, rund 63.000 Menschen sterben an den Folgen. Mehr als 800.000 Menschen müssen zurzeit mit den Folgen eines Schlaganfalls leben.
Frauen sind – in Deutschland wie auch weltweit – häufiger von Schlaganfällen betroffen als Männer. Das wird – zumindest teilweise – darauf zurückgeführt, dass sie schlicht älter werden als Männer und entsprechend auch deutlich später erkranken, nämlich im Durchschnitt mit 75 Jahren gegenüber Männern mit 68 Jahren.
Zudem verlaufen Schlaganfälle bei Frauen oft schwerer als bei Männern und sind Frauen nach überstandenem Schlaganfall stärker eingeschränkt.
Welche Schlaganfall-Symptome sind typisch bei Frauen?
Schlaganfälle können auch bei Frauen durch die „klassischen“ Symptome auffallen. („Klassisch“ deswegen, da Studien zu Krankheiten früher fast ausschließlich Männer einschlossen und die Annahme vorlag, dass sich Krankheiten bei Frauen genauso wie bei Männern „verhalten“. Dies ist mittlerweile widerlegt: Frauen sind keine „kleinen Männer“.)
Diese aus der Forschung an Männern gut bekannten Symptome werden unter der Abkürzung „FAST“ zusammengefasst:
F: Das Gesicht (englisch „face“) ist halbseitig gelähmt, ein Mundwinkel hängt herunter, Lächeln ist verzogen, Stirnrunzeln auf nur einer Seite möglich
A: Die Armbewegung ist eingeschränkt: Den Arm mit Handfläche nach oben zu heben, ist entweder nicht möglich oder der Arm sinkt ab.
S: Die Sprache ist verwaschen.
T: Zeit (englisch „time“): bei Auftreten von Symptomen keine Zeit verlieren > 112 wählen!
Als typisch gelten zudem sehr starke, plötzlich auftretende Kopfschmerzen, Schwindel oder Taubheit.
Bei Frauen sind allerdings zusätzliche, untypische Symptome möglich, wie etwa:
- plötzliche Atemnot und Kurzatmigkeit
- Schluckbeschwerden
- Glieder- und Gelenkschmerzen
- Krämpfe
- Übelkeit
- Schwächeanfälle
- Ohnmacht
Diese Alarmzeichen können anhalten, aber auch nur vorübergehend auftreten.
Natürlich können diese Beschwerden auch auf relativ alltägliche Faktoren zurückgeführt werden, wie beispielweise erhöhten Stress oder mangelnden Schlaf. Deshalb werden sie als Symptome häufig unterschätzt beziehungsweise von den betroffenen Frauen selbst oder auch von Umstehenden nicht richtig gedeutet und daher oft nicht ernstgenommen. Sie sind jedoch immer abzuklären: Lieber einmal zu vorsichtig sein, als lebenslang mit den Folgen eines Schlaganfalls umgehen zu müssen!
Bei Schlaganfällen gilt nämlich das Motto „Zeit ist Gehirn“: Je früher ein Schlaganfall behandelt wird, desto besser für das Gehirn beziehungsweise für die Erhaltung seiner Funktionen und damit für das Leben nach einem Schlaganfall.

Der "FAST"-Test
Der Laientest zum Erkennen eines Schlaganfalls - eine kurze Anleitung.
Welche Faktoren beeinflussen das Schlaganfall-Risiko bei Frauen?
Zu den geschlechtsspezifischen Auslösern von Schlaganfällen bei Frauen zählen Schwangerschaft, orale Verhütungsmittel (die „Pille“, vor allem in Kombination mit Rauchen und/oder Übergewicht), die Hormonersatztherapie in den Wechseljahren und die bei Frauen häufigere Migräne. Auch Früh- und Totgeburten gelten als Risikofaktor, ebenso wie – laut aktuellen Studien – eine Entfernung von Gebärmutter und/oder Eierstöcken.
Es gibt zudem Risikofaktoren, die für Frauen und Männer gleichermaßen mit einem erhöhten Schlaganfall-Risiko verbunden sind: Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Rauchen, sowie bestimmte Vorerkrankungen wie Zuckerkrankheit (Diabetes) oder das sogenannte „Vorhofflimmern“, eine Herzrhythmusstörung. Interessanterweise zeigte sich hier aber auch, dass Frauen mit Vorhofflimmern doppelt so häufig einen Schlaganfall erleiden wie Männer mit Vorhofflimmern, und dass Frauen mit Diabetes stärker gefährdet sind als Männer mit Diabetes.
Werden Frauen mit Schlaganfall schlechter versorgt?
Die Studienergebnisse sind unterschiedlich: Eine österreichische Studie an knapp 1.400 Patientinnen bestätigte zwar die Unterschiede hinsichtlich Symptomen und Risikofaktoren bei Frauen und fand auch eine stärkere Einschränkung drei Monate nach dem Ergebnis. Es wurde aber kein Unterschied in der Versorgungsqualität von weiblichen oder männlichen Betroffenen festgestellt. Zudem hatten Frauen hier eine geringere Sterblichkeit als Männer. Allerdings hatten Frauen ein sechsmal höheres Risiko als Männer, nach einem Schlaganfall in eine Pflegeeinrichtung übersiedeln zu müssen.
Demgegenüber steht eine große internationale Studie an 15.000 Personen mit Schlaganfall, wonach Frauen in der Behandlung eindeutig schlechter gestellt waren: Die Dauer zwischen Auftreten der Symptome bis zur Krankenhauseinlieferung war bei Frauen elf Minuten länger, auch hier war drei Monate nach dem Ereignis der Gesundheitszustand insgesamt schlechter als jener der Männer, und die Sterblichkeit der Frauen (in den ersten drei Monaten nachher) war um 3,5 Prozent höher.
Auch laut weiteren Studien scheinen Frauen nach einem Schlaganfall im Alltag stärker eingeschränkt zu sein als Männer. Außerdem erhalten Frauen seltener Medikamente zur Verhinderung von Blutgerinnseln (diese werden beispielsweise beim oben erwähnten Vorhofflimmern verschrieben) und seltener die gegen zu hohe Blutfette eingesetzten Statine.
Schlaganfall bei Frauen: Das Alter ist (mit)entscheidend
Es gibt aber auch Stimmen, wonach die schlechteren Ergebnisse nach einem Schlaganfall nicht unbedingt auf das Geschlecht per se zurückzuführen sind, sondern auf die Umstände: Frauen sind älter bei Schlaganfall, sie haben dann möglicherweise schon ihren Partner und damit eine wesentliche soziale Stütze verloren, und sie sind – ebenfalls aufgrund ihres durchschnittlich höheren Alters bei Schlaganfall – häufiger bereits durch andere Erkrankungen eingeschränkt, wie etwa Herzversagen. Sie haben also eine schlechtere Ausgangslage für ein gutes Erholen, und sprechen möglicherweise nicht so gut auf bestimmte Behandlungen an.
Und: Bei Frauen kommt es nach einem Schlaganfall häufiger zu Depressionen, was die Prognose nach einer Rehabilitation verschlechtert.
Schlaganfall-Prävention: Was können Frauen tun?
Die beste Sorge ist die Vorsorge, das gilt auch hier. Und da ist einiges möglich.
- Regelmäßige Kontrollen von Blutdruck und Herzgesundheit erlauben ein Eingreifen, noch bevor es zu einem Schlaganfall kommt.
- Rauchstopp: Raucherinnen (und Raucher) haben ein um 50 Prozent höheres Risiko für Schlaganfall als Nicht-Rauchende.
- Ernährung: eine gesunde Ernährung (ausgewogen, mit viel Gemüse und Ballaststoffen) hilft dabei, den Cholesterinspiegel niedrig zu halten, und kann gleich zwei Risikofaktoren für Schlaganfall – Diabetes und Bluthochdruck – vorbeugen.
- Bewegung: Eine Mischung aus Ausdauersport – gehen, schwimmen, Rad fahren – und Krafttraining mit Gewichten schützt vor unzähligen Krankheitsbildern.
- Mentale Gesundheit: Stress begünstigt Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Finden Sie heraus, was Ihnen guttut – egal ob Meditation, Sport, ein gutes Buch in der warmen Badewanne – und planen Sie dafür regelmäßige Zeiten ein.
- Und: Wenn eine Frau stillen möchte, tut sie ebenfalls etwas Gutes für ihre Gesundheit: Stillen senkt das Risiko für Schlaganfälle um 12 Prozent.
Es braucht mehr Studien zu Schlaganfall bei Frauen
Um das exakte Ausmaß der Unterschiede zwischen Frauen und Männern hinsichtlich Ursachen oder Symptomen von, aber auch der Versorgung nach Schlaganfällen zu klären, braucht es zunächst einmal mehr Studien; und zwar Studien, die in höherem Ausmaß Frauen einschließen als bislang, beziehungsweise ihre Ergebnisse nach Geschlecht analysieren. Denn teilweise liegt der Frauenanteil in entsprechenden Untersuchungen bei unter zehn Prozent, und in einer Untersuchung von 115 Studien zu Schlaganfällen zwischen 2010 und 2020 gaben nur 37 Prozent davon geschlechtsspezifische Ergebnisse an (im Jahr 2020 waren es zwar bereits 48 Prozent, das ist aber immer noch weniger als die Hälfte).
Zu klären sind außerdem noch die Fragen, wie sich Risiken von Frauen besser behandeln lassen und wie Frauen in der Vorsorge gezielt unterstützt werden könnten. Das ist auch deswegen von großer Bedeutung, da allein aufgrund der älter werdenden Bevölkerung höchstwahrscheinlich auch die Zahl der von Schlaganfällen betroffenen Frauen steigen wird.