Einem Gespräch mit allen Sinnen folgen und sein Gegenüber verstehen – das Hörvermögen ist wichtig für die Kommunikation und damit für die Lebensqualität – gerade im Pflegealltag. Außerdem verhilft der Hörsinn zur Orientierung, denn er ermöglicht eine Einordnung von Geräuschen aus dem Umfeld. Gut hören zu können ist aber keine Selbstverständlichkeit. Laut dem Deutschen Schwerhörigenbund e.V. (DSB) sind 21,3 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren schwerhörig – die Tendenz steigt mit dem Alter deutlich an. Allein bei den über 70-Jährigen sind 13,1 Millionen Menschen betroffen. Vielen von ihnen können Hörgeräte helfen.
Doch wie funktionieren Hörgeräte eigentlich und wie können Sie als Angehöriger einen pflegebedürftigen Menschen auf dem Weg zu einer Hörhilfe begleiten?
Was sind Hörgeräte und wie funktionieren sie?
Ein Hörgerät ist ein Hilfsmittel, das Hörverluste teilweise ausgleichen kann und so zu einem besseren Hörvermögen beiträgt. Wenn Sie sich über Hörgeräte, auch Hörsysteme oder Hörhilfen genannt, informieren, stellen Sie fest, dass es eine große Auswahl gibt. Auch wenn sich das Design oder der Aufbau unterscheiden kann, die Grundfunktion ist stets gleich: Mit einem Mikrofon nehmen Hörgeräte Schallwellen auf, die auf das Ohr einwirken, beispielsweise im Straßenverkehr oder bei Gesprächen. Richtig gelesen: Wir hören mithilfe von Schallwellen, die ständig um uns herum existieren.
Nachdem die Hörgeräte die Schallwellen aufgenommen haben, verstärken sie diese und leiten sie in das Innenohr. Dort werden sie dann optimaler wahrgenommen und verarbeitet. Zu einem Hörgerät gehören also ein Mikrofon, ein Verstärker und ein Lautsprecher. Ihre Energie erhalten die Hilfsmittel durch kleine (wieder aufladbare) Batterien. Moderne, digitale Ausführungen beinhalten zudem einen Mikroprozessor – dieser ist für die Schallverarbeitung zuständig.
Welche Hörgeräte-Typen gibt es?
Hörgeräte sind unterschiedlich gestaltet, um die Bedürfnisse der Nutzer bestmöglich erfüllen zu können. Das jeweils richtige Hörgerät auszuwählen, ist sehr wichtig. Zum einen ist die Chance höher, dass Ihr Familienmitglied die Hörhilfe auch akzeptiert und zum anderen können individuelle Hörprobleme so optimal ausgeglichen werden.
Grundsätzlich gibt es analoge und digitale Hörgeräte. Kaufen Sie eine neue Hörhilfe, ist diese allerdings immer mit einer digitalen Technik ausgestattet – sie sorgt für ein deutlich besseres Klangerlebnis. Außerdem muss Ihr Familienmitglied hier nicht mehr einzelne Frequenzen mittels Rädchen manuell nachjustieren, stattdessen befreien digitale Hörgeräte Töne automatisch von Störgeräuschen und verstärken die Töne anschließend.
Es gibt zwei wesentliche Hörgeräte-Typen:
- Hinter-dem-Ohr-Geräte (HdO): Wie die Bezeichnung bereits verrät, befindet sich das Hörgerät hinter dem Ohr – es wird mit einem Bügel einfach über die Ohrmuschel gehängt. Damit der verstärkte Schall auch in den Gehörgang gelangt, ist ein dünner Schlauch am Hörgerät angebracht. Hinter-dem-Ohr-Geräte eignen sich auch bei komplexen Formen der Schwerhörigkeit, da das Gehäuse viel Platz für modernste Technik bietet. HdO-Geräte gibt es auch im Miniformat – gemeinsam mit einem Hörgeräteakustiker sollte aber überprüft werden, ob solche Miniaturausführungen für Ihr Familienmitglied geeignet sind.
- In-dem-Ohr-Geräte (IdO): Das Hörgerät können Sie sich vom Tragegefühl und optisch wie einen Ohrstöpsel oder einen Kopfhörer vorstellen, der in den Gehörgang eingeführt wird (ein sogenannter In-Ear-Kopfhörer). Durch die kompakte Größe und das fast vollständige Tragen im Gehörgang sind Im-Ohr-Geräte beinahe unsichtbar. Die Lautstärke kann Ihr Angehöriger über eine Fernbedienung regulieren, manche Hörgeräte machen das auch automatisch. Diese Form der Hörgeräte ist aufgrund der unauffälligen Optik beliebt, allerdings nur bei leichten und mittleren Hörverlusten geeignet.
So funktionieren Hinter-dem-Ohr-Geräte
Hinter-dem-Ohr-Geräte eignen sich ab mittlerer bis sehr starker Schwerhörigkeit

Das im Hörgerät verbaute Mikrofon
nimmt Geräusche auf.
Diese werden verstärkt und
in den Gehörgang weitergeleitet.
Dort können die Schallwellen
besser verarbeitet werden.
Abbildung: Getty Images/rabbitteam/P. Kröhl
So funktionieren In-dem-Ohr-Geräte
Im-Ohr-Geräte kommen nur bei leichter bis mittlerer Schwerhörigkeit in Frage.

IdO sind beliebt, weil sie wie
kleine Kopfhörer sind.
Sie verstärken aufgenommene
Geräusche und leiten sie weiter.
Weil das Mikrofon „im Ohr sitzt“
ist die Leistung etwas schwächer.
Abbildung: Getty Images/rabbitteam/P. Kröhl
Wann braucht Ihr Angehöriger ein Hörgerät?
Ein Hals-Nasen-Ohrenarzt ist der richtige Ansprechpartner, wenn es um die Verordnung eines Hörgerätes geht. Er kann das Hilfsmittel bereits bei einer leichten Schwerhörigkeit verschreiben. Doch was bedeutet das überhaupt? Lassen Sie uns gemeinsam die verschiedenen Grade der Schwerhörigkeit näher ansehen.
- Leichte Schwerhörigkeit: Hier kommt es zu einer Abweichung von mehr als 20 Dezibel – Ihr Angehöriger nimmt leise Geräusche wie ein Uhrticken, Flüstern oder den pfeifenden Wind nicht mehr wahr.
- Mittlere Schwerhörigkeit: Dabei liegt der Hörverlust bereits bei 40 Dezibel. Ein summender Kühlschrank, ein leise gestelltes Radio und entferntes Vogelgezwitscher sind für Ihr Familienmitglied nicht mehr hörbar.
- Hochgradige Schwerhörigkeit: Der Hörverlust beträgt mindestens 60 Dezibel. Gesprächen in normaler oder lauter Lautstärke kann Ihr Angehöriger nicht mehr folgen.
- Sehr starke Schwerhörigkeit: Hier liegt ein Hörverlust von mindestens 80 Dezibel vor. Ihr Familienmitglied nimmt sehr laute Geräusche nicht mehr als Ton, sondern nur noch als Vibration wahr, zum Beispiel, wenn ein Lastwagen vorbeifährt.
Grundsätzlich bietet sich ein Hörgerät ab einer mittleren Schwerhörigkeit an.
Hörprothesen: Wenn Hörgeräte an ihre Grenzen kommen
Es gibt Situationen, in denen selbst sehr moderne Hörgeräte nicht mehr weiterhelfen. Um zu funktionieren, muss das Innenohr Ihres Angehörigen nämlich noch in einem gewissen Umfang dazu fähig sein, Schallwellen wahrzunehmen.
Bei einer kompletten Gehörlosigkeit, also wenn Menschen nichts mehr hören, reicht eine alleinige Schallverstärkung nicht mehr aus. Trifft das auf Ihren Angehörigen zu, kommt eine Hörprothese (Cochlea-Implantat) infrage. Sie kann Schallwellen in elektrische Signale transformieren. Diese Signale leitet die Hörprothese dann an den Hörnerv weiter.
Die Hörprothese setzt sich aus einem äußeren und einem inneren Bauteil zusammen – letzteres wird in den Schläfenknochen eingesetzt. Die dafür nötige Behandlung findet in spezialisierten HNO-Kliniken statt.
So motivieren Sie Ihren Angehörigen zum Arztbesuch
Es gibt einige Anzeichen, die darauf hindeuten, dass Ihr Angehöriger schlechter hört. Bemerken Sie zum Beispiel, dass Ihr Familienmitglied den Fernseher oder das Radio sehr laut stellt, bei Gesprächen oft nachfragt oder angibt, dass alle Personen immer so nuscheln, können das Hinweise auf einen Hörverlust sein. Doch auch wenn die Anzeichen noch so offensichtlich sind, suchen ältere Menschen häufig nicht den Arzt auf. Das kann mehrere Gründe haben.
Zum einen schätzen Betroffene das nachlassende Hörvermögen oft nicht richtig ein – es nimmt durch den Verlust der kleinen Haarzellen im Ohr schleichend ab, das ist typisch für die Altersschwerhörigkeit. Zum anderen fällt es vielen Menschen schwer, sich den Verlust von Fähigkeiten einzugestehen.
Mit folgenden Tipps motivieren Sie Ihren Angehörigen zum Arztbesuch:
- Haben Sie ein offenes Ohr: Möglicherweise gibt es einen Grund, warum Ihr Angehöriger bis jetzt nicht beim Arzt war. Erkundigen Sie sich nach eventuell bestehenden Sorgen und Ängsten – mit Sicherheit können Sie Ihrem Familienmitglied einige davon nehmen.
Vermitteln Sie Unterstützung: Betonen Sie, dass Sie während des Arztbesuches dabei sind und die Terminkoordinierung übernehmen.
Stellen Sie freudige Momente in Ausblick: „Schau mal, wenn wir deine Ohren überprüfen, kannst du zukünftig wieder besser deine Lieblingssendung verstehen. - Unterstreichen Sie die Wichtigkeit: Vermitteln Sie Ihrem Angehörigen, dass ein gutes Gehör weitreichende gesundheitliche Folgen reduzieren kann – laut einer Studie können Hörgeräte etwa das Demenzrisiko verringern.
In drei Schritten zum Hörgerät: Verschreibung und Anpassung
Wenn Sie bei Ihrem Familienmitglied Anzeichen für einen Hörverlust bemerken, sollten Sie am besten umgehend – natürlich in Absprache mit Ihrem Angehörigen – einen Termin bei einem HNO-Arzt vereinbaren. Dieser Termin ist sehr wichtig, denn er bildet die Grundlage für den Erhalt eines Hörgerätes.
- Termin beim HNO-Arzt: Hörgeräte zählen zu den Hilfsmitteln und können von einem Mediziner verschrieben werden. Bevor der behandelnde Arzt jedoch eine ärztliche Verordnung ausstellt, untersucht er Ihr Familienmitglied. Mit verschiedenen Hörtests wird klar, ob und welcher Grad der Schwerhörigkeit vorliegt. Im Anschluss kann der Mediziner Ihnen dann eine Verordnung mitgeben.
- Suchen Sie einen Hörgeräteakustiker auf: Ein Hörgeräteakustiker hat viel Erfahrung mit Hörgeräten und kann Ihren Angehörigen über verschiedene Optionen aufklären. Hier erfolgt auch die Anpassung des Hörgerätes – Ihr Familienmitglied hat die Möglichkeit, verschiedene Modelle auszutesten, auch zu Hause in der Alltagsumgebung.
- Geben Sie die ärztliche Verordnung ab: Der Hörgeräteakustiker kümmert sich um die Genehmigung der Krankenkasse und um die Abrechnung. Sie holen zum vereinbarten Zeitpunkt einfach das Hörgerät im Geschäft ab. Sollten sich später Schwierigkeiten beim Tragen ergeben, drückt beispielsweise das Ohrpassstück, ist der Hörgeräteakustiker auch weiterhin für Sie da.
Worauf ist hinsichtlich Anbieter und Gerät zu achten?
Der Hörverlust bei Menschen ist sehr individuell, das Gleiche gilt auch für die Ansprüche an den Tragekomfort. Deshalb gibt es nicht das eine Hörgerät, das sich für jeden schwerhörigen Menschen anbietet. Besonders kleine, kompakte Geräte eignen sich beispielsweise nicht für Personen mit einer ausgeprägten Schwerhörigkeit.
Bei Hörgeräten ist oft etwas Herumprobieren nötig. Es kann sogar sein, dass Ihr Familienmitglied zwei oder drei verschiedene Modelle testen muss, bevor die richtige Wahl feststeht. Der Hörgeräteakustiker kann individuelle Einstellungen vornehmen, um den Komfort und das Klangerlebnis zu verbessern – hier ist es wichtig, in enger Abstimmung mit dem Anbieter zu bleiben und sich nicht frühzeitig zufrieden zu geben, wenn es noch Optimierungsbedarf gibt.
Entscheidend ist, dass Ihr Familienmitglied das Hörgerät selbstständig bedienen kann und es als komfortabel empfindet.
Es ist sinnvoll, sich für einen Hörgeräteakustiker zu entscheiden, der viel Einfühlungsvermögen und die nötige Expertise mitbringt. Online-Verkäufe von Hörgeräten sind in Deutschland übrigens nicht erlaubt, die Ausgabe erfolgt ausschließlich durch fachlich geschulte Hörakustiker oder HNO-Ärzte.
Was kosten Hörgeräte?
Hörgeräte zählen zu den Hilfsmitteln und sind deshalb im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes aufgeführt. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für ein Hörgerät, wenn Ihr Angehöriger eine medizinische Begründung wie eine Schwerhörigkeit mitbringt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein Mediziner eine ärztliche Verordnung über das Hilfsmittel ausstellt. Deshalb ist der oben erwähnte HNO-Termin als erster Schritt so wichtig.
Mit einer Verordnung kommt auf Ihr Familienmitglied lediglich der gesetzliche Eigenanteil in Höhe von 10 Euro pro Hilfsmittel, also maximal 20 Euro für beide Hörgeräte zu. Doch Achtung: Entscheidet sich Ihr Angehöriger für ein aufpreispflichtiges Hörgerät, beispielsweise mit besserem Design oder mehr Funktionen, muss er die zusätzlichen Kosten dafür selbst tragen.
So engagiert sich die gesetzliche Krankenkasse in der Regel bei Hörgeräten:
- Kostenübernahme in Höhe von 685 Euro (840 Euro bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit) pro Hörgerät
- Zuzüglich 33,50 Euro für individuell angefertigte Ohrstücke
- Servicepauschale für Reparaturarbeiten in Höhe von etwa 125 Euro
- Eine Wiederversorgung ist frühestens nach sechs Jahren vorgesehen
- Bevor sich Ihr Familienmitglied für ein Hörgerät entscheidet, sollten Sie sich gemeinsam über die genauen Kosten aufklären lassen. Fragen Sie konkret nach, welcher Betrag insgesamt aus eigener Tasche zu bezahlen ist. Denken Sie daran, dass Ihr Angehöriger erst nach sechs Jahren ein neues Hörgerät erhalten kann, eine gute Wahl ist daher besonders wichtig.
Welche Rund-um-Pakete und Serviceleistungen gibt es zu Hörgeräten?
Hörgeräteakustiker werben häufig mit Rundum-Sorglos-Paketen, wenn es um Hörgeräte geht. Das Angebot kann durchaus variieren, die meisten Anbieter konzentrieren sich aber nicht nur auf die reine Versorgung, sondern bieten einen umfänglichen Service.
Diese Serviceleistungen sind meist inbegriffen:
- Hörtest und Anpassung der Hörgeräte an die individuellen Hörbedürfnisse
- Lieferung und Einrichtung der Hörgeräte
- Mehrere Anpassungstermine, um das beste Klangerlebnis zu ermöglichen
- Feinabstimmungen, basierend auf den Angaben des Trägers
- regelmäßige Wartung für eine reibungslose Funktion
- Reparaturen (über Servicepauschale der Krankenkasse)
- Bereitstellung von Batterien
- 24 Monate Gewährleistung
- ausführliche Beratung zur Bedienung und Pflege
- Informationen über mögliche Upgrades für Hörgeräte
Mit einem erfolgreichen Termin beim Hörgeräteakustiker kann Ihr pflegebedürftiges Familienmitglied zukünftig besser hören. Unsere Checkliste zeigt Ihnen, worauf Sie bei dem Termin achten sollten.

Besser Hören
Unsere Checkliste bereitet Sie auf den Termin beim Hörgeräteakustiker vor - damit Ihr pflegebedürftiges Familienmitglied künftig wieder besser hören und kommunizieren kann.
Tipps für die richtige Pflege und Reinigung im Alltag
Hörgeräte kommen tagtäglich mit vielem in Berührung: Schweiß, Ohrenschmalz, Cremes und Make-up sind nur einige Beispiele. Dadurch gibt es eine konkrete Gefahr, dass sie verstopfen oder verkleben. Unterstützen Sie Ihr Familienmitglied am besten bei der täglichen Reinigung. Das Säubern klappt mit einem weichen, staubfreien Tuch, spezielle Reinigungstücher sind außerdem beim Hörgeräteakustiker erhältlich. Die Ohrpassstücke lassen sich mit einem geeigneten Desinfektionsmittel reinigen.
Übrigens: Hörgeräte sind oft feucht, das bedingt das Einsatzgebiet im bzw. hinter dem Ohr. Das Hilfsmittel sollte allerdings niemals mit einem Föhn getrocknet werden oder auf der Heizung lagern – greifen Sie stattdessen zu extra dafür vorgesehenen Trocknungsgeräten vom Hörgeräteakustiker.
Ein Hörgerät kann eine gute Hilfe für Ihren Angehörigen sein. Am besten unterstützen Sie Ihr Familienmitglied auf dem Weg zum Hörgerät – motivierende Worte und eine konkrete Hilfestellung wie die Begleitung zum HNO-Arzt bieten sich besonders an.