Demenz: Ein etwas anderes Kochbuch

Demenz: Ein etwas anderes Kochbuch

Kochen heißt Geschichten schreiben“, sagt ein schwedisches Sprichwort. Denn Kochen ist mehr als nur Nahrungszubereitung. Ein neues Kochbuch soll Angehörigen dabei helfen, die Zubereitung und das Einnehmen von Mahlzeiten mit an Demenz erkrankten Menschen erlebnisreicher und genussvoller zu gestalten.
Ein Kochbuch für Menschen mit Demenz
Foto: Anna Jannes

Düfte werden geweckt und regen den Appetit an, das Auge isst mit und der leckere Geschmack zergeht auf der Zunge: Kochen ist Lust am Leben und Wohlbefinden. Es fördert das Zusammenleben in der Familie, strukturiert den Tagesablauf, liefert Gesprächsstoff und weckt Erinnerungen. Das ist besonders für Menschen mit Demenz und für ihre An- und Zugehörige wichtig, da die Esskultur immer wieder ein gemeinsamer Anknüpfungspunkt ist. Ein neues Kochbuch der Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Demenz, der Alzheimer Gesellschaft Kiel und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Sektion Schleswig-Holstein, hilft dabei.

Wozu ein Kochbuch speziell für Menschen mit Demenz?

Bedingt durch das Krankheitsbild Demenz sind die Betroffenen von vielen Verlusten in allen Lebensbereichen geprägt. Nach und nach gehen geistige und körperliche Fähigkeiten verloren, die auch für die Nahrungsaufnahme notwendig sind. Dies führt bei vielen Menschen mit Demenz zu einer Unter- und Mangelernährung. Ein Grund kann zum Beispiel sein, dass sie nicht mehr ausreichend abwechslungsreiche Nahrung zu sich nehmen. Oft verspüren sie kein Hunger- und Durstgefühl oder vielleicht essen sie immer weniger, bewegen sich aber durch innere Unruhe viel mehr. Einige Betroffene laufen sehr viel hin und her – da können über den Tag verteilt etliche Kilometer zusammenkommen –, andere sind ständig in Bewegung durch Nesteln oder Hände aneinanderreiben. Sie brauchen zusätzliche Kalorien und benötigen dementsprechend mehr oder gehaltvollere Nahrung.

Das Kochbuch zeigt, wie Pflegende saisonale, regionale Gerichte gemeinsam mit ihrem an Demenz erkrankten Angehörigenzubereiten können. Damit unterernährte Personen mehr Kalorien zu sich nehmen, sind die Rezepte kalorienreich – daher stammt auch der Titel des Kochbuchs „… aber bitte mit Sahne!“.

Doch Demenz hat viele Gesichter: Bei einigen Erkrankten kommt es eher zu einer starken Gewichtszunahme. Dies kann vielerlei Gründe haben. Manche Menschen bewegen sich durch verstärkte Antriebsarmut oder körperliche Einschränkungen kaum noch. Es kann aber auch sein, dass das Sättigungsgefühl nicht mehr vorhanden ist und alles Erreichbare verzehrt wird. Zudem entwickeln viele Menschen mit Demenz eine Vorliebe für Süßes. Hier kann andere Beschäftigung hilfreich sein, um vom Essen abzulenken. Durch die jeweiligen Tipps können die Rezepte nach Bedarf, sowohl mit zusätzlichen Kalorien angereichert als auch „entfettet“ werden.

Das Kochbuch soll nicht nur zum gemeinsamen Kochen einladen, sondern auch zum Erzählen und Erinnern. Deswegen enthält es auch Gedichte, Lieder und biografische Bilder aus den 50er- und 60er-Jahren. Über das gemeinsame Blättern und Ausprobieren können Informationen aus dem Langzeitgedächtnis geweckt werden, die bei Menschen mit Demenz in der Regel noch gut abrufbar sind.

Mehr als nur Rezepte

Abgerundet wird das Buch durch Informationen, Adressen und Tipps zum Thema Demenz. Dadurch erhalten Angehörige zusätzliches Wissen zum Krankheitsbild, das den Alltag erleichtern und die Betroffenen bei der Ernährung unterstützen kann. Selbstständigkeit, Freude und Genuss beim Essen und Trinken können so möglichst lange erhalten bleiben.

Das Kochbuch wurde erstmals bereits 2007 als Tischkalender mit teils historischen Schwarz-Weiß-Bildern aus den 30er- und 40er-Jahren herausgegeben. Die Kooperationspartner haben es damals zusammen mit begleitenden Fortbildungen und Aktionen (zum Beispiel öffentliches Showkochen, Infomesse, Cocktail-Beratungsstand auf dem Wochenmarkt) zum Thema Ernährung entwickelt. Aufgrund der anhaltenden Nachfrage ist die 3. Auflage nun komplett neu überarbeitet worden. Das Design und die Bilder aus historischen Zeiten haben ihren Schwerpunkt nun in den 50er- und 60er-Jahren. Dies wird den biografischen Erinnerungen der heute hochaltrigen Menschen eher gerecht.