Die Geschichte des Erkennens und Erforschens der Demenz begann vor mehr als 100 Jahren. Die erste „offizielle“ Patientin war eine Frau namens Auguste Deter, die 1901 gerade 51 Jahre alt war und Symptome wie Lücken im Kurzzeitgedächtnis, Verlust älterer Erinnerungen und eine zunehmende Unselbstständigkeit im Alltag zeigte. Mit 51 Jahren war sie aber zu jung für die Diagnose der damals bereits bekannten „Altersdemenz“ (oder „Altersblödsinn“, wie es wenig charmant ebenfalls genannt wurde). Ihr Arzt war ein Mann namens Dr. Alois Alzheimer, der bei Auguste Deter die Diagnose „Präseniles Irresein“ stellte – also „Irresein“ vor dem „Senium“, dem Greisenalter.
Demenz durch „unzüchtigen Lebensstil“

Nach ihrem Tod im Jahr 1906 untersuchte Alzheimer das Gehirn von Auguste Deter unter dem Mikroskop. Dabei entdeckte er zwei wesentliche Merkmale der Krankheit: einerseits zerstörte Nervenzellen mit Bündeln faseriger Strukturen, die als „Neurofibrillen“ bekannt wurden, und andererseits Eiweißablagerungen zwischen den Nervenzellen, sogenannte „Plaques“.
Dr. Alzheimer gab der Abschrift seiner Erkenntnisse den Titel „Eine eigenartige Krankheit der Hirnrinde“. Es war damit erstmals ein Nachweis einer organischen (körperlichen) Ursache für eine „Geisteskrankheit“, was zunächst nicht ernst genommen wurde – die allgemeine Meinung ging dahin, dass diese „Alterssenilität“ von einem „unzüchtigen“ Lebensstil verursacht wurde.

Dies änderte sich um das Jahr 1910, als die „Alzheimersche Krankheit“ erstmals in ein Lehrbuch der Psychiatrie aufgenommen wurde. Richtig Schwung in die Forschung zu Alzheimer und Demenz kam allerdings erst ab den 1970er-Jahren, die wiederum zu Ergebnissen in den 1980er-Jahren führte: 1986 wurde nachgewiesen, dass ein Protein namens „Tau“ bei Erkrankten zu Neurofibrillen verklumpt; 1987 erfolgte die Identifizierung des Hauptbestandteils der Plaques.
Genetische und soziale Faktoren
Heute geht die Wissenschaft zwar davon aus, dass diese beiden Faktoren eine wichtige Rolle spielen, die Alzheimer-Krankheit jedoch noch viele weitere Ursachen hat. Zwei davon sind erhöhter Blutdruck und Übergewicht: Sie schädigen die Blutgefäße, was die Durchblutung des Gehirns beeinträchtigt, womit die Energieversorgung der Nerven behindert wird. Zudem sollen entzündliche und genetische Faktoren beteiligt sein.
Und auch soziale Faktoren spielen anscheinend eine Rolle: Vor rund 20 Jahren ergab die erste Studie, dass verheiratete Menschen nach dem 70. Lebensjahr ein geringeres Risiko für eine Demenz aufweisen als Alleinlebende.
Der Zusammenhang soll allerdings nicht direkt kausal sein, das heißt, der Ehering allein schützt noch nicht vor Demenz. Wie Forschende einer weiteren Untersuchung betonen, sind es wahrscheinlich eher die verschiedenen positiven Faktoren, die mit einer Ehe verbunden sind, wie beispielsweise ein generell gesünderer Lebensstil und stabile soziale Kontakte.
- Rauchen
- Körperliche Inaktivität
- Alkoholkonsum
- Übergewicht
- Luftverschmutzung
- Diabetes
- Cholesterin
- Bluthochdruck
- Depressionen
- Sehverlust
- Schwerhörigkeit
- Soziale Isolation
- Geringe Bildung
- Hirnverletzungen
7 typische Anzeichen für eine Demenz verraten wir Ihnen in unserem Beitrag „Zerstreutheit oder Demenz? Symptome und Risikofaktoren„.
Ursachen vermeiden und Risiko senken
Auch die soziale Einstellung scheint ein Faktor zu sein, denn Zynismus ist ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer verbunden. Die Gründe hierfür sind noch nicht vollständig geklärt, die Zusammenhänge gelten als extrem komplex.
Zynische Menschen neigen jedenfalls dazu, mehr zu rauchen, weniger körperlich aktiv zu sein und mehr auf die Waage zu bringen, was über Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch das Gehirn schädigen kann; zudem wurden stärkere Stressreaktionen nachgewiesen, was über entzündliche Prozesse das Alzheimer-Risiko negativ beeinflussen könnte. Und: Zynische Menschen folgen auch seltener ärztlichen Anweisungen, da sie Ärzten und Ärztinnen häufiger einfach nicht glauben.
Prävention könnte Alzheimer-Quote halbieren
Die gute Nachricht ist, dass sich eine zynische Lebenseinstellung ändern lässt. Und auch andere Alzheimer oder Demenz begünstigende Faktoren, wie Bewegungsmangel oder Übergewicht (auch um eine Zuckerkrankheit zu vermeiden) sowie der Alkoholkonsum, lassen sich beeinflussen.
Wenn alle präventiven Maßnahmen ausgeschöpft werden würden, wären bis zu 45 Prozent der Alzheimer-Erkrankungen vermeidbar, sagte 2024 eine Expertenkommission des „Lancet“, eine der renommiertesten medizinischen Fachzeitungen weltweit.

Neue Demenz-Medikamente in der Pipeline
Demenz lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht heilen. Die Medikamente, die zur Behandlung der Krankheit zum Einsatz kommen, zielen vielmehr auf die Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit sowie auf die Linderung der Symptome wie Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen ab.
Darüber hinaus gelten moderne Antikörpertherapien jedoch als vielversprechend, um degenerative Prozesse im Gehirn zukünftig zu verlangsamen und somit die Ursache von Alzheimer gezielt zu behandeln. In der EU ist derzeit ein entsprechender Wirkstoff von den Behörden zugelassen – weitere werden in klinischen Studien erforscht.
Licht-, Musik- und Ergotherapie gegen Demenz
Auch eine Lichttherapie kann wirken: Viele an Alzheimer oder Demenz Erkrankte leiden an einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus und daher an Schlafstörungen. In Pflegeheimen, die mit sogenanntem „taghellen“ Licht ausgestattet wurden (statt der häufig üblichen dämmrigen Beleuchtung), verbesserten sich die Schlafqualität, die depressive Symptomatik und auch die Agitiertheit von Betroffenen.
Darüber hinaus kann eine Musiktherapie Studien zufolge einer depressiven Stimmung erfolgreich entgegenwirken, während eine Ergotherapie – zur Unterstützung der Fähigkeiten im Alltag – beim Aufrechterhalten motorischer Fähigkeiten helfen kann. „Natürliche Mittel“ wie etwa verschiedene Vitamine oder Nahrungsergänzungsmittel (zum Beispiel Ginkgo oder Wermut) zeigten bislang nur in Tierstudien Wirkung, ein Nachweis der Effektivität bei Menschen gelang bislang noch nicht.
In vielen deutschen Städten gibt es sogenannte „Demenz- oder Alzheimer-Cafés“, wo Erkrankte für einige Stunden betreut werden können. Pflegende Angehörige werden damit zumindest für einen Nachmittag entlastet.